Bevor wir nun endgültig mit der konkreten Entwicklung unserer medizinischen Software loslegen, möchten wir in diesem Artikel auf einen wichtigen Aspekt im regulierten Bereich hinweisen - die Infrastruktur. Den Schwerpunkt des heutigen Beitrags möchten wir auf die Validierung der verwendeten Werkzeuge legen. Zusammengefasst wird bei Produktentwicklungen im Gesundheitsbereich Qualität maßgeblich durch die Komponenten Sicherheit und medizinische Wirksamkeit definiert. Dadurch, dass die während und nach der Softwareentwicklung verwendeten Werkzeuge einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Produktqualität haben, ist es wenig überraschend, dass es auch hierbei spezielle Anforderungen zu erfüllen gilt. Und damit sind wir auch bereits bei einem Reizbegriff angelangt - die IT-Validierung.
Die Computervalidierung von Werkzeugen wird sowohl in den europäischen Richtlinien als auch in deren nationalen Umsetzungen oftmals nicht dezidiert erwähnt - erste etwas konkretere Hinweise finden sich aber beispielsweise in der EN 13485, der Qualitätsmanagementnorm für Medizinprodukte.
„7.6 Bei Verwendung von Computersoftware zur Erfassung und Messung festgelegter Anforderungen muss die Eignung dieser Software für die beabsichtigte Anwendung bestätigt werden. Dies muss vor dem Erstgebrauch vorgenommen und wenn notwendig auch später bestätigt werden.“
Falls Sie also beispielsweise Maßzahlen zur Qualitätssicherung durch Bildverarbeitung oder durch automatisiert durchgeführte Computersimulationen erheben muss diese Software demnach im Idealfall vor dem ersten Einsatz validiert werden.
„7.5.2.1 Die Organisation muss dokumentierte Verfahren für die Validierung der Anwendung der Computersoftware (und von Veränderungen an solcher Software und/oder ihrer Anwendung) festlegen, die bei Tätigkeiten in der Produktion und Dienstleistungserbringung eingesetzt wird und die die Fähigkeit des Produkts, festgelegte Anforderungen zu erfüllen, beeinflussen kann. Solche Softwareanwendungen müssen vor dem ersten Einsatz validiert werden.“
Oftmals sind Sotware-Systeme im Produktionsprozessen fixer Bestandteil und haben so direkten Einfluss auf die Produktqualität. Dies ist beispielsweise bei eingebetteten Software-Systemen in Spritzgußmaschinen oder im Stand-Alone Software Bereich bei Systemen zur kontinuierlichen Integration (z.B.: Jenkins) der Fall.
Obwohl alle angeführten Systeme unterschiedliche Herkunft und Funktionalität haben, bietet es sich an, die grundsätzliche Validierungspolitik, die durchführende Organisationseinheit (z.B.: Personal, Infrastruktur), Dokumentvorlagen und andere übergeordnete Punkte in einem Master-Validierungsplan zusammenzufassen.
Die spezifischen Validierungspläne definieren zusätzlich die konkreten Aktivitäten für das jeweilige Werkzeug, wobei sich hier eine Unterteilung in einzelne Phasen anbietet. Eine Denkweise, die wir bereits aus der EN 62304, der harmonisierten Norm für Software-Lebenszyklusprozesse medizinischer Software, kennen. Und auch ein weiterer Ansatz sollte uns bekannt vorkommen: der risikobasierte Ansatz der Validierungstätigkeiten. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt sollte eine erste Risikoanalyse erfolgen, um den Fokus auf die Funktionalitäten zu legen, welche eine hohen Einfluss auf Faktoren wir die Patientensicherheit oder die Datenintegrität haben. Dies spiegelt sich unter anderem in einer detaillierten Architektur oder aufwendigen Testtätigkeiten wider. Zusammengefasst muss also die Validierung als begleitende Tätigkeit verstanden werden – und dies beinhaltet deutlich mehr als abschließende Akzeptanztests durch die Anwender. Als weitere Informationsquelle bietet sich der GAMP 5 Standard 1) an, der auch die verschiedenen Software-Kategorien (z.B.: vollständige Eigenentwicklung oder konfigurierte Software) eingeht. Doch egal um welchen Typ von Software-Systemen es sich handelt – achten Sie darauf, dass Sie Abläufe von der Planung bis hin zur Außerbetriebnahme der Software definiert haben und die entstehenden Dokumente im Kontext einer strukturierten Dokumentenlenkung gepflegt werden.
Achten Sie auch im Bereich der Validierung darauf, dass die durchgeführten Schritte nachvollziehbar dokumentiert werden. Neben dem oben genannten spezifischen Validierungsplan empfehlen wir, unter anderem folgende Fragen in einem Freigabedokument für jedes spezifische Tool zu beantworten:
So weit also ein kurzer Einblick in diese herausfordernde Thematik. Der nächste Blog-Artikel wird sich mit der Planungsphase medizinischer Software beschäftigen und stellt gleichzeitig den Beginn des Software-Lebenszyklus dar.
Während sich der letzte Artikel mit den Möglichkeiten der Konformitätsbewertung für allgemeine Medizinprodukte befasste, wollen wir im aktuellen Artikel die Rahmenbedingungen im Kontext der Entwicklung von medizinischer Stand-Alone-Software zusammenfassen.
Falls Sie unsere Blogserie von Beginn an verfolgen, sollten Sie zum aktuellen Zeitpunkt Ihre medizinische Software bereits eindeutig als Medizinprodukt qualifiziert und entsprechend des Risikopotentials klassifiziert haben. Genau diese Risikoklasse (I, Im, Is, IIa, IIb, III) hat maßgeblichen Einfluss auf die Möglichkeiten zur Konformitätsbewertung, wobei es hierfür aufgrund der speziellen Eigenschaften von Software zusätzliche Einschränkungen gibt.
Bevor wir nun auf die einzelnen Risikoklassen medizinischer Software eingehen, noch eine wichtige Anmerkung:
Die Komplexität von Software führt zu der Situation, dass das bloße Testen der fertig entwickelten Software nicht ausreicht, um das nötige Vertrauen und die Erfüllung der zutreffenden grundlegenden Anforderungen zu belegen. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, den Entwicklungsprozess nachvollziehbar und strukturiert zu gestalten, unabhängig vom gewählten Konformitätsbewertungsverfahren. Konkret müssen hier u.a. die Nachvollziehbarkeit der Anforderungen (Lastenheft, Pflichtenheft), der Software-Architektur, des Source-Codes und den Verifikations - bzw. Validierungstätigkeiten dokumentiert sein.
Ein vollständiges QM System ist vor allem für jene Firmen interessant, deren Fokus der Medizintechnikmarkt ist und welche verschiedene Medizinprodukte entwickeln, produzieren und/oder vertreiben. Hierbei sei besonders auf den harmonisierten Standard ISO 13485 verwiesen. Zustäzlich definiert die EN 62304 fünf Prozesse, welche in das QM System eingebettet werden müssen.
Dieses Modul beschreibt jenes Verfahren, welches die Prüfung eines repräsentativen Exemplars vorsieht, um die Konformität mit der Richtlinie zu bestätigen. In Bezug auf Software wird hierbei aber der deutliche Fokus auf die Technische Dokumentation inklusive Spezifikation, Softwareentwicklungsplan, Software-Architektur, Testmethoden und Testergebnisse gelegt. Eine mögliche Struktur der technischen Dokumentation ist hier zu finden.
Hierbei wird eine Stichprobe bzw. jedes Einzelgerät herangezogen um die Konformität mit der erstellten technischen Dokumentation zu überprüfen. Diese Vorgehensweise ist für medizinische Stand-Alone-Software nicht anwendbar, da das Endprodukt (die entwickelte Software) nicht ausreichend durch die benannte Stelle geprüft werden kann.
Hierbei wird das Qualitätsmanagement für den Produktionsprozess der Software überprüft und darauf auf die Qualität der fertigen Produkte geschlossen. Konkret müssen hier Verantwortlichkeiten definiert und Abläufe festgelegt werden (z.B.: für das Überspielen der Software auf USB Sticks oder die Konfiguration der Software in Hinblick auf individuelle Kundenbedürfnisse).
Dieses Modul regelt die Anforderungen an das Qualitätsmanagement, welches die Endkontrolle der Produkte festlegt. In Hinblick auf medizinische Software ist dieses Modul allerdings ebenso wie Anhang IV nicht anwendbar, da die Endkontrolle bzw. der Prozess der Endkontrolle nicht ausreicht, um das nötige Vertrauen in das Softwareprodukt sicherzustellen.
Medizinische Software niedriger Risikoklasse kann durch die Ausstellung der herstellerseitigen Konformitätserklärung zugelassen werden. Die in diesem Zusammenhang für Software relevanten harmonisierten Standards sind u.a.
Eine Vorlage für die Konformitätserklärung finden Sie hier.
Risikoklasse der medizinischen Software | Anhang der RL 93/42 EWG |
I | Anhang VII |
IIa | Anhang II oder Anhang III + Anhang V |
IIb | Anhang II oder Anhang III + Anhang V |
III | Anhang II oder Anhang III + Anhang V |
Nach dem Lesen dieses Artikels sollten Sie nun überblicksmäßig die Möglichkeiten der Konformitätsbewertung medizinischer Software kennen. Nähere Informationen finden Sie in diesem Dokument des Team NBs.
In den vorherigen Artikeln haben Sie für Europa erfahren, wie Sie feststellen, ob Sie ein Medizinprodukt herstellen und unter welche Medizinprodukteklasse (I, IIa, IIb oder III) es fällt. Darauf aufbauend widmet sich dieser Blog-Eintrag der Frage: Auf welchem Weg komme ich zum CE Zertifikat?
Die Richtlinie 93/42/EWG kennt mehrere Wege, wie Sie die CE-Kennzeichnung erlangen können. CE Kennzeichnung bedeutet die Übereinstimmung (=Konformität) mit den Grundlegenden Anforderungen. Das Regelwerk listet in Anhang I daher eine ganze Reihe an grundlegenden Anforderungen auf, die Sie erfüllen müssen. Der Hintergedanke ist, dass keine unsicheren, unwirksamen und/oder unzureichend getesteten Produkte auf den europäischen Markt kommen sollen.
Durch das Anbringen der CE-Kennzeichnung erklären Sie, dass Ihr Gerät diese grundlegenden Anforderungen aus Anhang I erfüllt. Sie als Hersteller sind derjenige, der das CE-Kennzeichen auf den Produkten anbringt - wenn Sie gewisse Voraussetzungen erfüllen.
Je nach Medizinprodukteklasse müssen Sie sich für einen Weg entscheiden, wie Sie die Konformität feststellen - das Konformitätsbewertungsverfahren.
Im Zuge des Konformitätsbewertungsverfahrens kann es sein, dass der Begriff der “Benannten Stelle” aufscheint. Dabei handelt es sich um einen Dienstleister, der von den Organen der EU beauftragt wurde, die Konformität von Medizinprodukten mit den grundlegenden Anforderungen sicherzustellen. Sie finden auf den Seiten der europäischen Kommission unter ec.europa.eu eine Liste der benannten Stellen in Europa. Die benannte Stelle können Sie sich aussuchen, weil es sich hierbei um keine Behörden handelt, sondern im Allgemeinen um Firmen, die über die entsprechenden Qualifikationen verfügen.
Die grundsätzliche Denkweise beinhaltet ein zweistufiges Verfahren: zum einen wird die Produktauslegung geprüft (Phase I), indem eine herstellerseitige Konformitätserklärung oder ein Baumuster und deren technische Dokumentation überprüft werden. Die zweite Stufe beinhaltet eine Überprüfung des Produktionsprozesses (Phase II), um sicherzustellen, dass der Hersteller auch in der Lage ist, die normenkonformen Baumuster korrekt vervielfältigen zu können.
Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die möglichen Konformitätsbewertungsverfahren, ausgehend von der Medizinprodukteklasse:
Medizinprodukteklasse | Konformitätsbewertungsverfahren |
---|---|
I | EG Konformitätserklärung nach Anhang VII |
IIa | EG Konformitätserklärung nach Anhang VII und EG Prüfung nach Anhang IV |
EG Konformitätserklärung nach Anhang VII und EG Konformitätserklärung nach Anhang V (Qualitätssicherung Produktion) | |
EG Konformitätserklärung nach Anhang VII und EG Konformitätserklärung nach Anhang VI (Qualitätssicherung Produkt) | |
EG Konformitätserklärung nach Anhang II (vollständiges QS-System) | |
IIb | EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Prüfung nach Anhang IV |
EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Konformitätserklärung nach Anhang V (Qualitätssicherung Produktion) | |
EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Konformitätserklärung nach Anhang VI (Qualitätssicherung Produkt) | |
EG Konformitätserklärung nach Anhang II (vollständiges QS-System) | |
III | EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Prüfung nach Anhang IV |
EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Konformitätserklärung nach Anhang V (Qualitätssicherung Produktion) | |
EG Konformitätserklärung nach Anhang II (vollständiges QS-System) |
Basierend auf dieser Tabelle können Sie den für Sie geeignetsten Zulassungsprozess auswählen.
Bei Medizinprodukten der Klasse I ist eine herstellerseitig ausgestellte Konformitätserklärung ausreichend, um in weiterer Folge eigenständig ein CE-Kennzeichen anbringen zu dürfen. Bei Klasse Im (Produkte mit Messfunktion), Is (sterile Produkte) bzw. IIa muss zusätzlich zur Konformitätserklärung eines von drei Verfahren zur Überprüfung des Produktionsprozesses durchgeführt werden. Bei Klasse IIb bzw. III kann die Auslegung der Baumuster nicht mehr durch ein Ausstellen der Konformitätserklärung überprüft werden. Für Medizinprodukte dieser Klassifizierung muss eine Baumusterprüfung durch eine benannte Stelle durchgeführt werden.
Als Alternative zu diesen zweistufigen Konformitätsbewertungsverfahren besteht die Möglichkeit, ein vollständiges Qualitätsmanagementsystem für die im Lebenszyklus notwendigen Prozesse zu etablieren. Die Einhaltung dieses Systems muss regelmäßig durch eine benannte Stelle überprüft werden. Als Grundlage für solch ein Qualitätsmanagementsystem wird im Medizinproduktebereich die Prozessnorm EN ISO 13485 Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen für regulatorische Zwecke als Standard angesehen.
Sämtliche beschriebenen Module der Konformitätsbewertungsverfahren sind in den Anhängen II bis VII der RL 93/42 EWG geregelt.
Die Möglichkeiten für ein Konformitätsbewertungsverfahren für aktive, implantierbare Medizinprodukte gemäß RL 90/385 EWG sind vergleichbar mit denen von allgemeinen Medizinprodukten der Risikoklasse III. Bei In-Vitro-Diagnostika gemäß RL 98/79 bleibt grundsätzlich der oben beschriebene, zweistufige Weg zur Konformitätsbewertung erhalten. Je nach Risikoklasse können hierbei ebenso verschiedene Module kombiniert werden. Für Produkte der allgemeinen Klasse ist beispielsweise eine herstellerseitige Konformitätserklärung ausreichend; sie sind vergleichbar mit allgemeinen Medizinprodukten der Risikoklasse I. In-Vitro-Diagnostika, welche der Liste A zugeordnet werden, haben ein wesentlich höheres Risikopotential und sind aus Sicht der Wahlmöglichkeiten der einzelnen Module vergleichbar mit allgemeinen Medizinprodukten der Risikoklasse III.
Im nächsten Artikel werden wir die Tauglichkeit der einzelnen Verfahren in Hinblick auf die Zulassung medizinischer Software diskutieren.
Vergleichbar mit der Klassifizierung im europäischen Rechtsraum werden Medizinprodukte in Amerika ebenfalls in drei Klassen eingeteilt. Auch hier ist ein risikobasierter Ansatz für die Einteilung ausschlaggebend - Klasse I Produkte weisen im Vergleich zu Produkten der Klasse III niedriges Risikopotential auf.
Die Einteilung erfolgt allerdings im amerikanischen Rechtsraum nicht basierend auf Klassifizierungsregeln, wie wir sie im Anhang IX der europäischen Richtlinie 93/42 EWG kennengelernt haben. Vielmehr baut die FDA auf Erfahrungswerte und hat circa 1.700 verschieden generische Typen von Medizinprodukten und deren Klassifizierung für sich festgelegt. Diese allgemeinen Klassen sind wiederum einer von insgesamt 16 medizinischen Fachdisziplinen zugeordnet.
Sie haben nun also zwei Wege um die Klassifizierung Ihres Produkts zu bestimmen:
Die Gleichwertigkeit Ihres Produkts mit den Daten des gefundenen Produkts müssen Sie als Herseller im Rahmen der Premarket Notification 510(k) darstellen. Dies wird als Substantial Equivalence bezeichnet und muss folgende Charakteristika berücksichtigen:
A device is substantially equivalent if, in comparison to a predicate it: - has the same intended use as the predicate; and - has the same technological characteristics as the predicate; or - has the same intended use as the predicate; and - has different technological characteristics and the information submitted to FDA; - does not raise new questions of safety and effectiveness; and - demonstrates that the device is at least as safe and effective as the legally marketed device.
Bekommen Sie allerdings von der FDA einen negativen Bescheid d.h. ihr Produkt ist nicht substantial equivalent mit dem Produkt in der Datenbank haben Sie mehrere Möglichkeiten, um ihr Produkt trotzdem zu klassifizieren:
Nach dem Lesen dieses Artikels sollte Ihnen nun bekannt sein, was die Produktklassen der FDA darstellen, wo diese zu finden sind und wie Sie nach einem ähnlichen Produkt suchen können. In einem der nächsten Beiträge lernen Sie den Zusammenhang zwischen der Klassifizierung und dem Zulassungsprozess kennen.
In den vorangegangenen Blog-Einträgen haben wir uns mit der Frage beschäftigt, ob Ihr Produkt ein Medizinprodukt darstellt oder nicht. Falls Sie diese Frage mit “ja” beantworten konnten, setzen wir mit der Klassifizierung von Medizinprodukten fort.
Die Einteilung in Klassen beruht auf dem Gefährdungspotential Ihres jeweiligen Produktes - je höher die Gefahr, desto höher die Klasse. So hat beispielsweise ein Herzschrittmacher höhere Auflagen zu erfüllen als ein Fieberthermometer. Die Klassifizierung hat hierbei einen wesentlichen Einfluss auf die Möglichkeiten zur Konformitätsbewertung bzw. auf die Vorschriften hinsichtlich der klinischen Bewertung. Dazu erfahren Sie mehr in den nächsten Beiträgen.
In der folgenden Tabelle sehen Sie die verschiedenen Klassen nach Richtlinie 93/42/EWG des Rates sowie einige Beispiel dazu:
Klasse I | Fieberthermometer, Krankenhausbetten, … |
---|---|
Klasse IIa | Diagnostischer Ultraschall, Hörgeräte… |
Klasse IIb | Linearbeschleuniger, Kondome, … |
Klasse III | Herzschrittmacher, Künstliche Gelenke, Implantate, … |
Wenn Sie sich die Beispiel genauer ansehen, werden Sie sich vielleicht fragen, wie es zu diesre Einteilung kommt. Warum ist ein Kondom in Klasse IIb und sollte damit ein höheres Risikopotential bergen, als ein Fieberthermometer?
Die Richtlinie 93/42/EWG sieht in Artikel 9 vor:
Die Produkte werden in die Klassen I, IIa, IIb und III eingestuft. Die Klassifizierung erfolgt nach den Regeln gemäß Anhang IX.
Anhang IX liefert nun 18 Regeln, aufgrund derer die Klassifizierung stattfinden kann. Basis dafür ist die Zweckbestimmung Ihres Produktes.
Wenn wir das Kondom als Beispiel betrachten, finden wir in Regel 14 die direkte Antwort:
Alle Produkte, die zur Empfängnisverhütung oder zum Schutz vor der Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten eingesetzt werden sollen, werden der Klasse IIb zugeordnet, es sei denn, es handelt sich um implantierbare Produkte oder um invasive Produkte zur langzeitigen Anwendung; in diesem Fall werden sie der Klasse III zugeordnet.
Unser eigentliches Kernthema ist aber Software. In den obigen Beispielen wird Software nicht erwähnt, weil hier die Antwort lautet “Es kommt darauf an”. Eigenständige Software kann, wenn sie auf einem Computer läuft, kaum direkt jemandem Schaden zufügen. Anders verhält es sich jedoch mit Software, die ein anderes Medizinprodukt steuert oder beeinflusst.
Im Anhang IX heißt es in Punkt 1.4, dass eigenständige Software ein aktives Medizinprodukt darstellt. Deshalb sind zunächst jene Regeln für aktive Medizinprodukte anzuwenden. Steuert oder beeinflusst Ihre Software nun ein Produkt, so heißt es in Regel 9 und Regel 10 sinngemäß, dass die Software der Klasse des zu steuernden Produktes zuzuordnen ist.
Ein Sonderfall stellt Software dar, die diagnostische Röntgenbilder aufzeichnet: Sie wird nach Regel 16 in Klasse IIa zugeordnet. Für PACS-Systeme könnte dies relevant sein.
Trifft auf Ihre Software keine dieser Regeln zu, heißt es in Regel 12, dass alle anderen aktiven Produkte der Klasse I zugeorndet werden.
Noch ein Hinweis für Software: Verwechseln Sie die Klassifizierung für Medizinprodukte nicht mit der Software-Sicherheitsklassifizierung. Letztere stammt aus der Norm EN 62304 und bezieht sich ausschließlich auf die Software. Zur Abgrenzung werden die Software-Sicherheitsklassen auch in A, B und C eingeteilt.
Diese kurze Einführung kann nur einen Überblick über die Klassifizierung bieten. Wir verweisen daher auf die MEDDEV 2.4/1: “Classification of MD”, die Sie unter ec.europa.eu finden können.
Im nächsten Blog-Artikel werden wir uns wieder dem amerikanischen Rechtsraum zuwenden und die Verhältnisse in den USA abklären. Danach werden wir feststellen, welche Konsequenzen die unterschiedlichen Klassen auf den weiteren Zulassungsprozess haben.
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