"Der Weg zum Medizinprodukt - Teil 3" Klassifizierung von Medizinprodukten im europäischen Rechtsraum

In den vorangegangenen Blog-Einträgen haben wir uns mit der Frage beschäftigt, ob Ihr Produkt ein Medizinprodukt darstellt oder nicht. Falls Sie diese Frage mit “ja” beantworten konnten, setzen wir mit der Klassifizierung von Medizinprodukten fort.

Die Einteilung in Klassen beruht auf dem Gefährdungspotential Ihres jeweiligen Produktes - je höher die Gefahr, desto höher die Klasse. So hat beispielsweise ein Herzschrittmacher höhere Auflagen zu erfüllen als ein Fieberthermometer. Die Klassifizierung hat hierbei einen wesentlichen Einfluss auf die Möglichkeiten zur Konformitätsbewertung bzw. auf die Vorschriften hinsichtlich der klinischen Bewertung. Dazu erfahren Sie mehr in den nächsten Beiträgen.

In der folgenden Tabelle sehen Sie die verschiedenen Klassen nach Richtlinie 93/42/EWG des Rates sowie einige Beispiel dazu:

Klasse I Fieberthermometer, Krankenhausbetten, …
Klasse IIa Diagnostischer Ultraschall, Hörgeräte…
Klasse IIb Linearbeschleuniger, Kondome, …
Klasse III Herzschrittmacher, Künstliche Gelenke, Implantate, …

Wenn Sie sich die Beispiel genauer ansehen, werden Sie sich vielleicht fragen, wie es zu diesre Einteilung kommt. Warum ist ein Kondom in Klasse IIb und sollte damit ein höheres Risikopotential bergen, als ein Fieberthermometer?

Die Richtlinie 93/42/EWG sieht in Artikel 9 vor:

Die Produkte werden in die Klassen I, IIa, IIb und III eingestuft. Die Klassifizierung erfolgt nach den Regeln gemäß Anhang IX.

Anhang IX liefert nun 18 Regeln, aufgrund derer die Klassifizierung stattfinden kann. Basis dafür ist die Zweckbestimmung Ihres Produktes.

Wenn wir das Kondom als Beispiel betrachten, finden wir in Regel 14 die direkte Antwort:

Alle Produkte, die zur Empfängnisverhütung oder zum Schutz vor der Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten eingesetzt werden sollen, werden der Klasse IIb zugeordnet, es sei denn, es handelt sich um implantierbare Produkte oder um invasive Produkte zur langzeitigen Anwendung; in diesem Fall werden sie der Klasse III zugeordnet.

Unser eigentliches Kernthema ist aber Software. In den obigen Beispielen wird Software nicht erwähnt, weil hier die Antwort lautet “Es kommt darauf an”. Eigenständige Software kann, wenn sie auf einem Computer läuft, kaum direkt jemandem Schaden zufügen. Anders verhält es sich jedoch mit Software, die ein anderes Medizinprodukt steuert oder beeinflusst.

Im Anhang IX heißt es in Punkt 1.4, dass eigenständige Software ein aktives Medizinprodukt darstellt. Deshalb sind zunächst jene Regeln für aktive Medizinprodukte anzuwenden. Steuert oder beeinflusst Ihre Software nun ein Produkt, so heißt es in Regel 9 und Regel 10 sinngemäß, dass die Software der Klasse des zu steuernden Produktes zuzuordnen ist.

Ein Sonderfall stellt Software dar, die diagnostische Röntgenbilder aufzeichnet: Sie wird nach Regel 16 in Klasse IIa zugeordnet. Für PACS-Systeme könnte dies relevant sein.

Trifft auf Ihre Software keine dieser Regeln zu, heißt es in Regel 12, dass alle anderen aktiven Produkte der Klasse I zugeorndet werden.

Noch ein Hinweis für Software: Verwechseln Sie die Klassifizierung für Medizinprodukte nicht mit der Software-Sicherheitsklassifizierung. Letztere stammt aus der Norm EN 62304 und bezieht sich ausschließlich auf die Software. Zur Abgrenzung werden die Software-Sicherheitsklassen auch in A, B und C eingeteilt.

Diese kurze Einführung kann nur einen Überblick über die Klassifizierung bieten. Wir verweisen daher auf die MEDDEV 2.4/1: “Classification of MD”, die Sie unter ec.europa.eu finden können.

Im nächsten Blog-Artikel werden wir uns wieder dem amerikanischen Rechtsraum zuwenden und die Verhältnisse in den USA abklären. Danach werden wir feststellen, welche Konsequenzen die unterschiedlichen Klassen auf den weiteren Zulassungsprozess haben.

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