"Der Weg zum Medizinprodukt - Teil 5" Konformitätsbewertungsverfahren für allgemeine Medizinprodukte

In den vorherigen Artikeln haben Sie für Europa erfahren, wie Sie feststellen, ob Sie ein Medizinprodukt herstellen und unter welche Medizinprodukteklasse (I, IIa, IIb oder III) es fällt. Darauf aufbauend widmet sich dieser Blog-Eintrag der Frage: Auf welchem Weg komme ich zum CE Zertifikat?

Konformitätsbewertungsverfahren

Die Richtlinie 93/42/EWG kennt mehrere Wege, wie Sie die CE-Kennzeichnung erlangen können. CE Kennzeichnung bedeutet die Übereinstimmung (=Konformität) mit den Grundlegenden Anforderungen. Das Regelwerk listet in Anhang I daher eine ganze Reihe an grundlegenden Anforderungen auf, die Sie erfüllen müssen. Der Hintergedanke ist, dass keine unsicheren, unwirksamen und/oder unzureichend getesteten Produkte auf den europäischen Markt kommen sollen.

Durch das Anbringen der CE-Kennzeichnung erklären Sie, dass Ihr Gerät diese grundlegenden Anforderungen aus Anhang I erfüllt. Sie als Hersteller sind derjenige, der das CE-Kennzeichen auf den Produkten anbringt - wenn Sie gewisse Voraussetzungen erfüllen.

Je nach Medizinprodukteklasse müssen Sie sich für einen Weg entscheiden, wie Sie die Konformität feststellen - das Konformitätsbewertungsverfahren.

Benannte Stelle

Im Zuge des Konformitätsbewertungsverfahrens kann es sein, dass der Begriff der “Benannten Stelle” aufscheint. Dabei handelt es sich um einen Dienstleister, der von den Organen der EU beauftragt wurde, die Konformität von Medizinprodukten mit den grundlegenden Anforderungen sicherzustellen. Sie finden auf den Seiten der europäischen Kommission unter ec.europa.eu eine Liste der benannten Stellen in Europa. Die benannte Stelle können Sie sich aussuchen, weil es sich hierbei um keine Behörden handelt, sondern im Allgemeinen um Firmen, die über die entsprechenden Qualifikationen verfügen.

Konformitätsbewertungsverfahren nach Medizinprodukteklasse

Die grundsätzliche Denkweise beinhaltet ein zweistufiges Verfahren: zum einen wird die Produktauslegung geprüft (Phase I), indem eine herstellerseitige Konformitätserklärung oder ein Baumuster und deren technische Dokumentation überprüft werden. Die zweite Stufe beinhaltet eine Überprüfung des Produktionsprozesses (Phase II), um sicherzustellen, dass der Hersteller auch in der Lage ist, die normenkonformen Baumuster korrekt vervielfältigen zu können.

Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über die möglichen Konformitätsbewertungsverfahren, ausgehend von der Medizinprodukteklasse:

Medizinprodukteklasse Konformitätsbewertungsverfahren
I EG Konformitätserklärung nach Anhang VII
IIa EG Konformitätserklärung nach Anhang VII und EG Prüfung nach Anhang IV
EG Konformitätserklärung nach Anhang VII und EG Konformitätserklärung nach Anhang V (Qualitätssicherung Produktion)
EG Konformitätserklärung nach Anhang VII und EG Konformitätserklärung nach Anhang VI (Qualitätssicherung Produkt)
EG Konformitätserklärung nach Anhang II (vollständiges QS-System)
IIb EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Prüfung nach Anhang IV
EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Konformitätserklärung nach Anhang V (Qualitätssicherung Produktion)
EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Konformitätserklärung nach Anhang VI (Qualitätssicherung Produkt)
EG Konformitätserklärung nach Anhang II (vollständiges QS-System)
III EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Prüfung nach Anhang IV
EG Baumusterprüfung nach Anhang III zusammen mit EG Konformitätserklärung nach Anhang V (Qualitätssicherung Produktion)
EG Konformitätserklärung nach Anhang II (vollständiges QS-System)

Basierend auf dieser Tabelle können Sie den für Sie geeignetsten Zulassungsprozess auswählen.

Bei Medizinprodukten der Klasse I ist eine herstellerseitig ausgestellte Konformitätserklärung ausreichend, um in weiterer Folge eigenständig ein CE-Kennzeichen anbringen zu dürfen. Bei Klasse Im (Produkte mit Messfunktion), Is (sterile Produkte) bzw. IIa muss zusätzlich zur Konformitätserklärung eines von drei Verfahren zur Überprüfung des Produktionsprozesses durchgeführt werden. Bei Klasse IIb bzw. III kann die Auslegung der Baumuster nicht mehr durch ein Ausstellen der Konformitätserklärung überprüft werden. Für Medizinprodukte dieser Klassifizierung muss eine Baumusterprüfung durch eine benannte Stelle durchgeführt werden.

Als Alternative zu diesen zweistufigen Konformitätsbewertungsverfahren besteht die Möglichkeit, ein vollständiges Qualitätsmanagementsystem für die im Lebenszyklus notwendigen Prozesse zu etablieren. Die Einhaltung dieses Systems muss regelmäßig durch eine benannte Stelle überprüft werden. Als Grundlage für solch ein Qualitätsmanagementsystem wird im Medizinproduktebereich die Prozessnorm EN ISO 13485 Medizinprodukte – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen für regulatorische Zwecke als Standard angesehen.

Sämtliche beschriebenen Module der Konformitätsbewertungsverfahren sind in den Anhängen II bis VII der RL 93/42 EWG geregelt.

Die Möglichkeiten für ein Konformitätsbewertungsverfahren für aktive, implantierbare Medizinprodukte gemäß RL 90/385 EWG sind vergleichbar mit denen von allgemeinen Medizinprodukten der Risikoklasse III. Bei In-Vitro-Diagnostika gemäß RL 98/79 bleibt grundsätzlich der oben beschriebene, zweistufige Weg zur Konformitätsbewertung erhalten. Je nach Risikoklasse können hierbei ebenso verschiedene Module kombiniert werden. Für Produkte der allgemeinen Klasse ist beispielsweise eine herstellerseitige Konformitätserklärung ausreichend; sie sind vergleichbar mit allgemeinen Medizinprodukten der Risikoklasse I. In-Vitro-Diagnostika, welche der Liste A zugeordnet werden, haben ein wesentlich höheres Risikopotential und sind aus Sicht der Wahlmöglichkeiten der einzelnen Module vergleichbar mit allgemeinen Medizinprodukten der Risikoklasse III.

Im nächsten Artikel werden wir die Tauglichkeit der einzelnen Verfahren in Hinblick auf die Zulassung medizinischer Software diskutieren.

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